Matthias Groebel
chemical
September 13 – November 2, 2024
extended until November 2nd
Schiefe Zähne is pleased to announce chemical, Matthias Groebel’s second exhibition with the gallery.
In the late 1980s, figures and faces first appeared in Matthias Groebel’s works, as he began combining photo-emulsion techniques with oil painting, preceding his now widely exhibited machine paintings. With the proliferation of pocket-sized point-and-shoot cameras, Groebel started to document his immediate surroundings. These snapshots included urban landscapes, anonymous passersby, a riled-up audience at a punk concert, as well as staged still lifes and intimate moments among friends. They capture a divided nation – economically prosperous yet culturally repressed – the mundanity of the public realm and its brewing subcultural undercurrents.
The works on view reflect and are equally a product of their historical and cultural context. Attuned to the rage and tenderness intertwined in ecstatic bodies, they portray a sense of postmodern ennui and an understanding of alternative spaces as information systems that circumvent official institutions. Made on the brink of the information age, these early works reveal Groebel’s developing sensitivity to the collective psychology of an era, a theme that would later crystallise in his renowned TV paintings.
Groebel’s DIY approach to media is evident in his use of homemade emulsion liquids. Leveraging skills he acquired in his day job as a pharmacist, Groebel mixed gelatin, egg whites, halogen salts and silver nitrate, following an early 20th-century recipe. His emulsions transferred photographic documents onto canvas with an almost painterly hue and grain, while gestural brushstrokes and thick layers of oil obscure or enhance the images. In this way, Groebel paints what is not explicitly seen in the photographs, perhaps an emotional aftertaste or a physical memory—adding a further sensual layer to documentational imagery.
This body of work is situated within a broader cultural moment, emerging from and reflecting countercultural youth movements across Europe. The first postmodernist generation was developing its own means of expression, negating universal truths of mass culture in favour of an exploration of the fictions and constructs that shape ideology. In Cologne, the reaction against pop culture was especially charged, with battles between avant-garde and postmodernist tendencies playing out in music and visual arts. Groebel’s works reflect this tension, capturing a society in its liberatory efforts, yet shadowed by the encroaching ubiquity of commodification.
These early works offer critical insight into Groebel’s evolving practice, tracing the conceptual and technical developments that have come to define his oeuvre. On the edge of technological and cultural shifts, Groebel’s early images continue to resonate, recalling a time when “everything was open and nothing was fixed, pure potential and zero baggage" (Diedrich Diederichsen, Sexbeat, 1972 bis heute, 2002)
DE
Schiefe Zähne präsentiert chemical, Matthias Groebel’s zweite Soloausstellung mit der Galerie.
Als Vorreiter seiner machine paintings tauchten bereits in den späten 1980er Jahren erstmals Figuren und Gesichter in Matthias Groebels Werken auf, als er Fotoemulsionstechniken mit Ölmalerei kombinierte. Mit der Verbreitung von kompakten Point-and-Shoot Kameras begann Groebel, seine unmittelbare Umgebung zu dokumentieren. Diese Bilder zeigen Stadtansichten, anonyme Passanten, das aufgewühlte Publikum bei einem Punkkonzert sowie inszenierte Stillleben und intime Momente unter Freunden. Sie zeichnen das Bild einer gespaltenen Nation – wirtschaftlich aufstrebend, aber kulturell unterdrückt – in der die Alltäglichkeit des öffentlichen Raums einer brodelnden Subkultur gegenübersteht.
Diese Arbeiten spiegeln ihren historischen und kulturellen Kontext wider und sind zugleich Produkt davon: Groebel entwickelt ein Gespür für die ekstatischen Körper, in denen sich Wut und Intimität verweben, und schildert ein Gefühl des postmodernen Ennuis. Alternative Räume werden als Informationssysteme verstanden, die offizielle Institutionen umgehen. Diese frühen Werke, die an der Schwelle zum Informationszeitalter entstanden sind, zeigen Groebels sich entwickelnde Sensibilität für die kollektive Psychologie einer Ära, ein Thema, das sich später in seinen Fernsehbildern herauskristallisieren sollte.
Groebels DIY-Ansatz im Umgang mit Medien zeigt sich in der Verwendung von selbst hergestellten Emulsionsflüssigkeiten. Er nutzte seine Kenntnisse als Apotheker, um Gelatine, Eiweiß, Halogensalze und Silbernitrat nach einem Rezept aus dem frühen 20. Jahrhunderts zu mischen. Diese Emulsionen übertrugen fotografische Dokumente mit einer fast malerischen Tönung und Körnung auf die Leinwand, während gestische Pinselstriche und dicke Ölschichten die Bilder verdecken oder akzentuieren. Auf diese Weise malt Groebel das, was auf den Fotografien nicht explizit zu sehen ist, etwa einen emotionalen Nachgeschmack oder eine physische Erinnerung, und fügt dem dokumentarischen Bildmaterial eine sensorische Ebene hinzu.
Dieses Werk ist in den counter-culture und Jugendbewegungen, die in der Zeit entstanden sind, zu kontextualisieren. Die erste postmoderne Generation war dabei, ihre eigenen Ausdrucksmittel zu entwickeln und negierte die universellen Wahrheiten der Massenkultur zugunsten einer Erforschung der Fiktionen und Konstruktionen, die ideologisches Denken prägen. In Köln war die Reaktion auf die Popkultur besonders spürbar: In der Musik und in der bildenden Kunst konkurrierten avantgardistische und postmoderne Tendenzen. Groebels Werke spiegeln diese Spannung wider, indem sie eine Gesellschaft in ihren Befreiungsbemühungen festhalten, die jedoch von der allgegenwärtigen Kommerzialisierung überschattet werden.
Diese frühen Arbeiten bieten einen Einblick in die Entwicklung der Praxis von Matthias Groebel und zeichnen die konzeptionellen und technischen Entwicklungen nach, die für sein Werk bestimmend geworden sind. Am Rande des technologischen und kulturellen Wandels erinnern Groebels frühe Bilder an eine Zeit, in der „alles offen und nichts festgelegt war, reines Potential und null Gepäck” (Diedrich Diederichsen, Sexbeat, 1972 bis heute, 2002)