Feelers
Jenna Bliss, Susan Conte
June 11 – July 16, 2022
EN
There is a time of day when numbers don’t mean anything. You’re standing in the middle of symmetry. Everything is equidistant and looks the same. It makes you nervous and rigid because clues matter! When an event emerges that is strong enough to break the symmetry, it’s a huge relief. Finding it may require shifting your visual field. But towards where that shift should be directed is much more difficult to know. The praying mantis can help you there. She is a prophetic insect with the ability to show you the way. When you meet her, she raises her arms and points in the direction you need to proceed. Chances are she has devoured her mate that same morning or will do so later on. An appetite, about which you wonder whether it underlies all her actions. The praying mantis’ mimicry is her luxury. Supposedly, she has no need to hide from her attackers or her prey, and yet she hides from everyone. This becomes her misfortune when herbivores mistake her for a slim leaf. So her invisibility equals risk and meeting her equals luck. Following the gestures of a hand whose highest operating authority you don’t know is exhilarating and daring. At some point there will be contact between you and the other, and it might as well be friction. The ancient Persians believed that the moon was hung high above the earth to reflect it in its entirety. Thankfully this isn’t true. It would be awful having to see your own reflection that much, as your webcam selfview proves. But tracing slivers of yourself in the movements of others can mean, above all, that you don‘t have to break symmetry on your own.
– Sarah Rosengarten
DE
Es gibt eine Tageszeit, zu der Ziffern nichts bedeuten. Das ist wie in der Mitte der Symmetrie stehen. Alles ist gleich weit entfernt und sieht deckungsgleich aus. Es macht einen nervös und starr, da Anhaltspunkte alles sind! Wenn sich dann ein Geschehen abzeichnet, welches stark genug ist, um die Symmetrie zu brechen, ist das erlösend. Dies zu erreichen erfordert, dass zunächst das Sichtfenster verschoben wird und wohin ist oft schwer zu sagen. Die Gottesanbeterin kann einem da helfen. Sie ist ein prophetisches Insekt mit der Fähigkeit den Weg zu weisen. Wenn man sie trifft, hebt sie ihre Arme und deutet in die Richtung, in die man als Nächstes muss. Die Chancen stehen gut, dass sie an diesem Morgen schon ihr Männchen verschlungen hat oder es später am Tag noch tun wird. Ein Appetit, von dem man sich fragt, ob er in all ihren Handlungen steckt. Mimese betreibt die Gottesanbeterin als Luxus. Angeblich hat sie es nicht nötig, sich vor Angreifern oder Beute zu verbergen. Und trotzdem versteckt sie sich vor allen. Dies wird ihr dann zum Verhängnis, wenn Pflanzenfresser sie für ein schmales Blatt halten. Ihre Tarnung entspricht also einem Risiko und sie zu treffen einem Glücksfall. Den Gesten einer Hand zu folgen, von der man nicht weiß, wer sie in höchster Instanz operiert, ist so aufregend wie gefährlich. Denn irgendwann gibt es unausweichlich einen Kontakt, welcher sehr wohl Reibung bedeuten kann. Die alten Perser glaubten, der Mond wurde hoch über die Erde gehängt, um diese vollkommen zu reflektieren. Das stimmt glücklicherweise nicht. Es wäre schrecklich, sich ständig selbst zu sehen, wie das eigene Gesicht im Webcam Fenster beweist. Aber nach sich Ausschau zu halten in den Bewegungen anderer kann vor allem heißen, dass man die Symmetrie nicht alleine brechen muss.
– Sarah Rosengarten